Mythos #49: Die Peer-to-Peer-Technologie dient der illegalen Weitergabe von Dateien.
Francesca Musiani

Mythos: Die Peer-to-Peer-Netzwerktechnologie (P2P) ist eine attraktive Technologie, die mit dem Aufkommen von Filesharing-Anwendungen wie Napster oder WinMX weite Verbreitung erfahren hat. Diese Anwendungen werden in den meisten Fällen zum Teilen urheberrechtlich geschützter Musik oder Dateien genutzt. Die P2P-Technologie begünstigt daher digitale „Pirat*innen“ und illegalen Tausch.

 

Stimmt’s? Der Begriff „Peer-to-Peer“ bezieht sich auf ein Netzwerk von Gleichgesinnten oder Peers – Menschen oder Maschinen –, die mithilfe geeigneter Kommunikations‑ und Austauschsysteme spontan zusammenarbeiten können, ohne eine zentrale Koordination zu benötigen. Aufgrund des großen Erfolgs von P2P-Filesharing-Anwendungen in den frühen 2000er Jahren gilt P2P weithin als „piratenfreundliche“ Technologie, die ausschließlich für den Austausch urheberrechtlich geschützter Dateien genutzt wird. Diese Netzwerktechnologie wird jedoch nicht nur für den Dateiaustausch genutzt, auch wenn sie anfänglich sicherlich auf diesen einen Bereich beschränkt war, der die einfachste technische Möglichkeit ist und für seine Realisierung nur ein Minimum personeller und technischer Ressourcen erfordert.

P2P wird jedoch auch und zunehmend für alternative und rechtlich zulässige Anwendungen genutzt, die mehrere Bedürfnisse von Nutzer*innen/Verbraucher*innen/Bürger*innen im heutigen Internet bedienen können. P2P-Dienste bieten sich als dezentrale Alternativen zu den heutigen grundlegenden Diensten und Instrumenten unseres vernetzten Alltags an: Suchmaschinen, soziale Netzwerke, Onlinespeicherdienste, Videostreaming, Grid-Computing, Instant Messaging und Kollaboration.

Dies ist nicht nur das Ergebnis großer technologischer Entwicklungen (bessere Qualität der Internetverbindungen der Nutzer*innen, mehr Speicherkapazität der Computer), sondern auch der Erkenntnis (sowohl der Forschung als auch der Öffentlichkeit) geschuldet, dass die Vielfalt und Diversität sowie die Möglichkeit von Innovationen im heutigen Internetökosystem erhalten werden müssen. Wenn Nutzer*innen beispielsweise bei Google, Facebook oder Dropbox eine Suche durchführen, eine Nachricht mit jemandem austauschen oder ein Fotoalbum speichern, werden jedes Mal Daten gesendet und auf einer Reihe von Servern gespeichert, bevor sie den gewünschten Empfänger erreichen, was ein Szenario der „Konzentration“ von Inhalten schafft. Andererseits wollen andere Anwendungen unter Nutzung des Dezentralisierungspotenzials von P2P dieselben Anforderungen der Endnutzer*innen erfüllen (die daher weiterhin Suchanfragen eingeben, Nachrichten teilen und Inhalte speichern), allerdings auf der Grundlage anderer technischer Architekturen, die die Art und Weise der Speicherung und Verteilung von Daten neu konfigurieren.

 

Stimmt also nicht! Die Peer-to-Peer-Netzwerktechnologie (P2P) ist eine attraktive Technologie, die mit dem Aufkommen von Filesharing-Anwendungen wie Napster oder WinMX, die in erster Linie zum Teilen urheberrechtlich geschützter Musikstücke oder Daten genutzt wurden, weite Verbreitung erfahren hat. P2P wird daher stark sowohl mit „Pirat*innen“‑ als auch mit „Filesharing“-Technologie assoziiert. P2P wird jedoch auch für eine Reihe anderer Anwendungen genutzt, darunter den Versuch, dezentrale und vollkommen legale Alternativen zu den Googles und Facebooks unserer Zeit anzubieten . P2P bildet zudem das Rückgrat der Blockchain-Technologie.

 


Quelle: Malcolm Campbell-Verduyn (Hrsg.), Bitcoin and beyond: Cryptocurrencies, blockchains, and global governance. Routledge (2017), https://www.taylorfrancis.com/books/e/9781315211909; Francesca Musiani, Giants, Dwarfs and Decentralized Alternatives to Internet-based Services: An Issue of Internet Governance, Westminster Papers in Communication and Culture, 10(1) (2015), 81‑94, http://doi.org/10.16997/wpcc.214.